Mittwoch, 25. Oktober 2017

Der Niedergang von St. Moritz

Der bekannte Ferienort im Oberengadin versucht neue Gäste zu gewinnen, vor allem, indem man „cooler“ wird. Denn der Ruhm vergangener Tage als Flaniermeile der Schönen und Reichen droht zu verblassen, seit insbesondere die Besucher aus den Euroländern ausbleiben. Speziell das seit 2008 stattfindende „ Festival da Jazz“ im von dem bekannten Playboy Gunter Sachs gegründeten Dracula Club sollte den Aufbruch zu neuen Besuchersegmenten einleiten. Allerdings besteht die wichtigste Innovation der letzten Jahre wohl darin, dass viele Hotels neuerdings Wasserkocher auf den Zimmern für asiatische Kunden offerieren. Der allerneueste Hit sind jedoch Reha-Aufenthalte für Herzpatienten, mit Physiotherapie, Massagen und Kochkursen für gesunde Ernährung. Weitere Hotels versuchen ihr Glück mit Fahrradtouristen, denen neben geführten Radtouren auch eine Fahr­rad-Waschstation mit Werkstatt angeboten wird. Bei allen Innovationen wird jedoch ein wichtiger Grund für das Ausbleiben zahlreicher Besucher vergessen: Der Bauboom der letzten Jahrzehnte. Wer St. Moritz noch in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts besucht hat, konnte eine eher dörf­liche Atmosphäre erleben. Lediglich ein paar Villen, das Palace Hotel und das renommierte Kur­viertel wiesen darauf hin, dass der altehrwürdige Kurort eine Historie als Nobelferienort aufweist. Jetzt sind aber viele ehemalige Freiflächen bebaut und auch der Straßenverkehr braucht den Ver­gleich mit einer Groß­stadt nicht mehr zu scheuen. In erster Linie sind es Ferienwohnungen, die in den letzten zwanzig Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Damit entsteht aber genau das, was eigentlich nie­mand will: Eine Stadt in den Bergen.

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